Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 89)
zween Holzhauer, so mich höchlich erfreute; ich gieng dem Schlag nach, und als ich sie sahe, nahm ich ein Handvoll Dukaten aus meinem Säckel, schliche nahe zu ihnen, zeigte ihnen das anziehende Gold und sagte: »Ihr Herrn, wenn ihr meiner wartet, so will ich euch die Handvoll Gold schenken«; aber sobald sie mich und mein Gold sahen, ebenso bald gaben sie auch Fersengelt und ließen Schlegel und Keil, samt ihrem Käs und Brotsack liegen; mit solchem versahe ich meinen Ranzen wieder, verschlug mich in den Wald, und verzweifelte schier, mein Lebtag wieder einmal zu Menschen zu kommen.
Nach langem Hin- und Hersinnen gedacht ich: Wer weiß, wie dirs noch gehet, hast du doch Gelt, und wenn du solches zu guten Leuten in Sicherheit bringest, so kannst du ziemlich lang wohl darum leben; also fiel mir ein, ich sollts einnähen, derowegen machte ich mir aus meinen Eselsohren, welche die Leut so flüchtig machten, zwei Armbänder, gesellet meine hanauische zu den schnapphanischen Dukaten, tät solche in besagte Armbänder wohl arrestieren und oberhalb den Ellenbogen um meine Arm binden. Wie ich nun meinen Schatz dergestalt versichert hatte, fuhr ich den Bauren wieder ein, und holte von ihrem Vorrat was ich bedorfte und erschnappen konnte, und wiewohl ich noch einfältig gewest, so war ich jedoch so schlau, daß ich niemal, wo ich einst einen Partikul geholt, wieder an dasselbige Ort kam; dahero war ich sehr glückselig im Stehlen und wurde niemals auf der Mauserei erdappt.
Einsmal zu End des Mai, als ich abermal durch mein gewöhnlich, obzwar verbottenes Mittel, meine Nahrung holen wollte und zu dem Ende zu einem Baurenhof gestrichen war, kam ich in die Küchen, merkte aber bald, daß noch Leut auf waren (Nota, wo sich Hund befanden, da kam ich wohl nicht hin), derowegen sperrete ich die eine Küchentür, die in Hof gieng, angelweit auf, damit wann es etwan Gefahr setzte, ich stracks ausreißen könnte; blieb also mausstill sitzen, bis ich erwarten möchte, daß sich die Leut niedergelegt hätten: Unterdessen nahm ich eines Spalts gewahr, den das Küchenschälterlein hatte, welches in die Stuben gieng: ich schlich hinzu, zu sehen, ob die Leut nicht bald schlafen gehen wollten? aber meine Hoffnung war nichts, dann sie hatten sich erst angezogen, und anstatt des Liechts, ein schweflichte blaue Flamm auf der Bank stehen, bei welcher sie Stecken, Besem, Gablen, Stühl und Bänk schmierten, und nacheinander damit zum Fenster hinausflogen. Ich verwundert mich schröcklich und empfand ein großes Grausen; weil ich aber größerer Erschröcklichkeiten gewohnt war, zumal mein Lebtag von den Unholden weder gelesen noch gehört hatte, achtet ichs nicht sonderlich, vornehmlich weil alles so still hergieng, sondern verfügte mich, nachdem alles davongefahren war, auch in die Stub, bedachte, was ich mitnemmen, und wo ich solches suchen wollte, und setzte mich in solchen Gedanken auf eine Bank schrittlings nieder. Ich war aber kaum aufgesessen, da fuhr ich samt der Bank gleichsam augenblicklich zum Fenster hinaus und ließ mein Ranzen und Feurrohr, so ich von mir gelegt hatte, vor den Schmierberlohn und so künstliche Salbe dahinden. Das Aufsitzen,