Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 90)

Davonfahren und Absteigen geschahe gleichsam in einem Nu! dann ich kam, wie mich bedünkte, augenblicklich zu einer großen Schar Volks, es sei dann, daß ich aus Schrecken nicht geacht hab, wie lang ich auf dieser weiten Reis zugebracht; diese tanzten einen wunderlichen Tanz, dergleichen ich mein Lebtag nie gesehen, dann sie hatten sich bei den Händen gefaßt und viel Ring ineinander gemacht, mit zusammgekehrten Rucken, wie man die drei Grazien abmalet, also daß sie die Angesichter herauswarts kehrten; der inner Ring bestund etwan in 7 oder 8 Personen, der ander hatte wohl noch so viel, der dritte mehr als diese beide, und so fortan, also daß sich in dem äußern Ring über 200 Personen befanden; und weil ein Ring oder Kreis um den andern links-, und die andere rechtsherum tanzte, konnte ich nicht sehen, wieviel sie solcher Ring gemacht, noch was sie in der Mitten, darum sie tanzten, stehen hatten. Es sahe eben greulich seltsam aus, weil die Köpf so possierlich durcheinander haspelten. Und gleichwie der Tanz seltsam war, also war auch ihre Musik; auch sange, wie ich vermeinte, ein jeder am Tanz selber drein, welches ein wunderliche Harmoniam abgab; meine Bank, die mich hintrug, ließ sich bei den Spielleuten nieder, die außerhalb der Ringe um den Tanz herum stunden; deren etliche hatten anstatt der Flöten, Zwerchpfeifen und Schalmeien nichts anders als Nattern, Vipern und Blindschleichen, darauf sie lustig daherpfiffen: Etliche hatten Katzen, denen sie in Hindern bliesen und auf dem Schwanz fingerten; das lautet den Sackpfeifen gleich: Andere geigeten auf Roßköpfen, wie auf dem besten Diskant, und aber andere schlugen die Harpfe auf einem Kühgeribbe, wie solche auf dem Wasen liegen; so war auch einer vorhanden, der hatte eine Hündin underm Arm, deren leiert er am Schwanz, und fingert ihr an den Dutten; darunter trompeteten die Teufel durch die Nase, daß es im ganzen Wald erschallete; und wie dieser Tanz bald aus war, fieng die ganze höllisch Gesellschaft an zu rasen, zu rufen, zu rauschen, zu brausen, zu heulen, zu wüten und zu toben, als ob sie alle toll und töricht gewest wären. Da kann jeder gedenken, in was Schrecken und Furcht ich gesteckt.

In diesem Lärmen kam ein Kerl auf mich dar, der hatte ein ungeheure Krott unterm Arm, gern so groß als eine Heerpauke, deren waren die Därm aus dem Hindern gezogen und wieder zum Maul hineingeschoppt, welches so garstig aussahe, daß mich darob kotzerte. »Seh hin, Simplici«, sagte er, »ich weiß, daß du ein guter Lautenist bist, laß uns doch ein fein Stückgen hören.« Ich erschrak, daß ich schier umfiel, weil mich der Kerl mit Namen nennete, und in solchem Sehrecken verstummte ich gar, und bildete mir ein, ich läge in einem so schweren Traum, bat derowegen inniglich im Herzen, daß ich doch erwachen möchte, der mit der Krott aber, den ich steif ansahe, zog seine Nasen aus und ein, wie ein kalekutscher Hahn, und stieß mich endlich auf die Brust, daß ich bald davon erstickte: derowegen fienge ich an überlaut zu Gott zu rufen, da verschwand

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