Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 93)

ich die Kroaten nicht nennen konnte, beschrieb ich ihre Kleidungen und gab Gleichnussen von ihrer Sprach, auch daß ich von denselben Leuten geloffen wäre; von meinen Dukaten schwiege ich still, und was ich von meiner Luftfahrt und dem Hexentanz erzählete, das hielte man vor Einfäll und Narrenteidungen, vornehmlich weil ich auch sonst in meinem Diskurs das Tausend ins Hunderte warf: Indessen sammlete sich ein Haufen Volks um mich her (dann ein Narr machet 1 000 Narren), unter denselben war einer, so das vorig Jahr in Hanau gefangen gewesen und allda Dienst angenommen hatte, folgends aber wieder unter die Kaiserliche kommen war. Dieser kannte mich und sagte gleich: »Hoho, dies ist des Kommandanten Kalb zu Hanau!« Der Obrist fragte ihn meinetwegen mehrere Umständ, der Kerl wußte aber nichts weiters von mir, als daß ich wohl auf der Lauten schlagen könnte, item daß mich die Kroaten von des Obrist Corpes Regiment zu Hanau vor der Festung hinweggenommen hätten, sodann, daß mich besagter Kommandant ungern verloren, weil ich gar ein artlicher Narr wäre. Hierauf schickte die Obristin zu einer andern Obristin, die ziemlich wohl auf der Lauten konnte und deswegen stetig eine nachführte, die ließe sie um ihre Lauten bitten, solche kam, und wurde mir präsentiert, mit Befelch, ich sollte eins hören lassen; aber meine Meinung war, man sollte mir zuvor etwas zu essen geben, weil ein leerer und dicker Bauch, wie die Laut einen hatte, nicht wohl zusammenstimmen würden; solches geschahe, und demnach ich mich ziemlich bekröpft und zugleich einen guten Trunk Zerbster Bier verschlucket hatte, ließ ich beides, mit der Lauten und meiner Stimme hören was ich konnte; daneben redete ich allerlei untereinander, wie mirs einfiel, so, daß ich mit geringer Mühe die Leut dahin brachte, daß sie glaubten, ich wäre von derjenigen Qualität, die meine Kleidung vorstellte. Der Obriste fragte mich, wo ich weiters hin wollte? und da ich antwortet, daß es mir gleich gelte, wurden wir des Handels eins, daß ich bei ihm bleiben und sein Hofjunker sein sollte. Er wollte auch wissen, wo meine Eselsohren hinkommen wären? »Ja«, sagte ich, »wann du wüßtest, wo sie wären, so würden sie dir nicht übel anstehen«: Aber ich konnte wohl verschweigen, was sie vermochten, weil all mein Reichtum darin lagen.

Ich wurde in kurzer Zeit bei den meisten hohen Offiziern, sowohl im Chursächsischen als Kaiserlichen Läger bekannt, sonderlich bei dem Frauenzimmer, welches meine Kappe, Ärmel und abgestutzte Ohren überall mit seidenen Banden zierte, von allerhand Farben, so daß ich schier glaube, daß etliche Stutzer die jetzige Mode davon abgesehen. Was mir aber von den Offizierern an Geld geschenkt wurde, das teilte ich wieder mildiglich mit, dann ich verspendierte alles bei einem Heller, indem ichs mit guten Gesellen in Hamburger und Zerbster Bier, welche Gattungen mir trefflich wohl zuschlugen, versoffe; unangesehen ich an allen Orten, wo ich nur hinkam, genug zu schmarotzen hatte.

Als mein Obrister aber ein eigene Lauten vor mich überkam, denn er gedachte ewig an mir zu haben, da dorft ich nicht mehr in den beiden Lägern so hin und wieder

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