Ungekürztes Werk "Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch" von Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen (Seite 98)
wie es seiner Prinzipalen Interesse erfordere. Dabei sollte ich bedenken, daß sich der Teufel freilich nicht umsonst des Spielens so eiferig annehme, sondern ohne Zweifel seinen trefflichen Gewinn dabei zu schöpfen wisse. »Dabei merke ferner, daß gleichwie neben dem Spielplatz auch einige Schacherer und Juden zu stehen pflegen, die von den Spielern wohlfeil aufkaufen, was sie etwan an Ringen, Kleidern oder Kleinodien gewonnen, oder noch zu verspielen versilbern wollen, daß eben also auch allhier die Teufel aufpassen, damit sie bei den abgefertigten Spielern, sie haben gleich gewonnen oder verloren, andere seelenverderbliche Gedanken erregen und hegen; bei den Gewinnern zwar bauet er schröckliche Schlösser in die Luft, bei denen aber so verspielt haben, deren Gemüt ohnedas ganz verwirrt, und desto bequemer ist, seine schädliche Eingebungen anzunehmen, setzet er ohne Zweifel lauter solche Gedanken und Anschläg, die auf nichts anders als das endliche Verderben zielen. Ich versichere dich, Simplici, daß ich willens bin, von dieser Materi ein ganz Buch zu schreiben, sobald ich wieder bei den Meinigen zu Ruhe komme: da will ich den Verlust der edlen Zeit beschreiben, die man mit dem Spielen unnütz hinbringet; nicht weniger die grausame Flüch, mit welchen man Gott bei dem Spielen lästert; ich will die Scheltwort erzählen, mit welchen man einander antastet, und viel schröckliche Exempel und Historien mit einbringen, die sich bei, mit, und in dem Spielen zutragen; dabei ich dann die Duell und Totschläg, so Spielens wegen entstanden, nicht vergessen will; ja ich will den Geiz, den Zorn, den Neid, den Eifer, die Falschheit, den Betrug, die Vortelsucht, den Diebstahl, und mit einem Wort, alle unsinnige Torheiten beides, der Würfel- und Kartenspieler mit ihren lebendigen Farben dermaßen abmalen und vor Augen stellen, daß diejenige, die solches Buch nur einmal lesen, ein solch Abscheuen vor dem Spielen gewinnen sollen, als wenn sie Säumilch (welche man den Spielsüchtigen wider solche ihre Krankheit ohnwissend eingibt) gesoffen hätten. Und also damit der ganzen Christenheit dartun, daß der liebe Gott von einer einzigen Compagnia Spieler mehr gelästert, als sonst von einer ganzen Armee bedienet werde.« Ich lobte seinen Vorsatz, und wünschte ihm Gelegenheit, daß er solchen ins Werk setzen möchte.
Das 21. Kapitel
Ist etwas kürzer, und kurzweiliger als das vorige.
Mein Hofmeister wurde mir je länger je holder, und ich ihm hingegen wiederum, doch hielten wir unsere Verträulichkeit sehr geheim. Ich agierte zwar einen Narrn, brachte aber keine grobe Zotten noch Büffelspossen vor, so daß meine Gaben und Aufzüg zwar einfältig genug, aber jedoch mehr sinnreich als närrisch fielen. Mein Obrister, der ein trefflichen Lust zum Weidwerk trug, nahme mich einsmals mit, als er ausspazierte, Feldhühner zu fangen mit dem Tyras, welche Invention mir trefflich wohl gefiele; dieweil aber der vorstehende Hund so hitzig war, daß er einzufallen pflegte, ehe man tyrassieren konnte, deswegen wir dann wenig fangen konnten: Da gab ich dem Obristen den Rat, er sollte die Hündin mit einem Falken oder Steinadler belegen lassen, wie man mit Pferden und Eseln zu tun pflege, wenn man gerne Maultier hätte, damit die junge Hund Flügel bekämen,