Ungekürztes Werk "Nathan der Weise" von Gotthold Ephraim Lessing (Seite 20)

Von Stauffen! –

Ganz recht, ganz recht; Filnek und Stauffen. –

Ich will das bald genauer wissen; bald.

Nur erst zum Saladin. – Doch wie? lauscht dort

Nicht Daja? – Nun so komm nur näher, Daja.

Achter Auftritt

 

Daja. Nathan.

NATHAN.

Was gilt's? nun drückt's euch beiden schon das Herz,

Noch ganz was anders zu erfahren, als

Was Saladin mir will.

DAJA. Verdenkt Ihr's ihr?

Ihr fingt soeben an, vertraulicher

Mit ihm zu sprechen: als des Sultans Botschaft

Uns von dem Fenster scheuchte.

NATHAN.    Nun, so sag

Ihr nur, daß sie ihn jeden Augenblick

Erwarten darf.

DAJA.   Gewiß? gewiß?

NATHAN.  Ich kann

Mich doch auf dich verlassen, Daja? Sei

Auf deiner Hut; ich bitte dich. Es soll

Dich nicht gereuen. Dein Gewissen selbst

Soll seine Rechnung dabei finden. Nur

Verdirb mir nichts in meinem Plane. Nur

Erzähl und frage mit Bescheidenheit,

Mit Rückhalt ...

DAJA.    Daß Ihr doch noch erst so was

Erinnern könnt! – Ich geh; geht Ihr nur auch.

Denn seht! ich glaube gar, da kömmt vom Sultan

Ein zweiter Bot', Al-Hafi, Euer Derwisch. (Geht ab.)

Neunter Auftritt

 

Nathan. Al-Hafi.

AL-HAFI. Ha! ha! zu Euch wollt' ich nun eben wieder.

NATHAN.

Ist's denn so eilig? Was verlangt er denn

Von mir?

AL-HAFI.   Wer?

NATHAN.    Saladin. – Ich komm, ich komme.

AL-HAFI. Zu wem? Zum Saladin?

NATHAN.  Schickt Saladin

Dich nicht?

AL-HAFI.  Mich? nein. Hat er denn schon geschickt?

NATHAN. Ja freilich hat er.

AL-HAFI. Nun, so ist es richtig.

NATHAN. Was? was ist richtig?

AL-HAFI.   Daß ... ich bin nicht schuld;

Gott weiß, ich bin nicht schuld. – Was hab ich nicht

Von Euch gesagt, gelogen, um es abzuwenden!

NATHAN. Was abzuwenden? Was ist richtig?

AL-HAFI. Daß

Nun Ihr sein Defterdar geworden. Ich

Bedaur' Euch. Doch mit ansehn will ich's nicht.

Ich geh von Stund an; geh. Ihr habt es schon

Gehört, wohin; und wißt den Weg. – Habt Ihr

Des Wegs was zu bestellen, sagt: ich bin

Zu Diensten. Freilich muß es mehr nicht sein,

Als was ein Nackter mit sich schleppen kann.

Ich geh, sagt bald.

NATHAN. Besinn dich doch, Al-Hafi.

Besinn dich, daß ich noch von gar nichts weiß.

Was plauderst du denn da?

AL-HAFI.    Ihr bringt sie doch

Gleich mit, die Beutel?

NATHAN.    Beutel?

AL-HAFI.  Nun, das Geld,

Das Ihr dem Saladin vorschießen sollt.

NATHAN. Und weiter ist es nichts?

AL-HAFI.  Ich sollt' es wohl

Mit ansehn, wie er Euch von Tag zu Tag

Aushöhlen wird bis auf die Zehen? Sollt'

Es wohl mit ansehn, daß Verschwendung aus

Der weisen Milde sonst nie leeren Scheuern

So lange borgt, und borgt, und borgt, bis auch

Die armen eingebornen Mäuschen drin

Verhungern? – Bildet Ihr vielleicht Euch ein,

Wer Euers Gelds bedürftig sei, der werde

Doch Euerm Rate wohl auch folgen? – Ja;

Er Rate folgen! Wenn hat Saladin

Sich raten lassen? – Denkt nur, Nathan, was

Mir eben itzt mit ihm begegnet.

NATHAN.   Nun?

AL-HAFI. Da komm ich zu ihm, eben daß er Schach

Gespielt mit seiner Schwester. Sittah spielt

Nicht übel; und das Spiel, das Saladin

Verloren glaubte, schon gegeben hatte,

Das stand noch ganz so da. Ich seh Euch hin,

Und sehe, daß das Spiel noch lange nicht

Verloren.

NATHAN.    Ei! das war für dich ein Fund!

AL-HAFI. Er durfte mit dem König an den Bauer

Nur rücken, auf ihr Schach, – Wenn ich's Euch gleich

Nur zeigen könnte!

NATHAN.   O ich traue dir!

AL-HAFI. Denn so bekam der Roche Feld: und sie

War hin. – Das alles will ich ihm nun weisen

Und ruf ihn. – Denkt! ...

NATHAN.  Er ist nicht deiner

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