Ungekürztes Werk "Nathan der Weise" von Gotthold Ephraim Lessing (Seite 45)

rühmen?

Und wär' mir denn zu denken nicht erlaubt,

Daß sie mein Beispiel bilden helfen? – Fort

Mit dem Gedanken, sie zu guter Letzt

Noch an ein anders zu gewöhnen! ...

Ein dritter Mameluck.     Sultan, ...

SALADIN. Bist du's, der stürzte?

Dritter Mameluck.  Nein. Ich melde nur, –

Daß Emir Mansor, der die Karawane

Geführt, vom Pferde steigt ...

SALADIN. Bring ihn! geschwind! –

Da ist er ja! –

Zweiter Auftritt

Emir Mansor und Saladin.

SALADIN.  Willkommen, Emir! Nun,

Wie ist's gegangen? – Mansor, Mansor, hast

Uns lange warten lassen!

MANSOR.  Dieser Brief

Berichtet, was dein Abulkassem erst

Für Unruh' in Thebais dämpfen müssen:

Eh' wir es wagen durften abzugehen.

Den Zug darauf hab ich beschleuniget

Soviel, wie möglich war.

SALADIN.  Ich glaube dir! –

Und nimm nur, guter Mansor, nimm sogleich ...

Du tust es aber doch auch gern? ... nimm frische

Bedeckung nur sogleich. Du mußt sogleich

Noch weiter; mußt der Gelder größern Teil

Auf Libanon zum Vater bringen.

MANSOR.    Gern!

Sehr gern!

SALADIN.    Und nimm dir die Bedeckung ja

Nur nicht zu schwach. Es ist um Libanon

Nicht alles mehr so sicher. Hast du nicht

Gehört? Die Tempelherrn sind wieder rege.

Sei wohl auf deiner Hut! – Komm nur! Wo hält

Der Zug? Ich will ihn sehn; und alles selbst

Betreiben. – Ihr! ich bin sodann bei Sittah.

Dritter Auftritt

Szene: die Palmen vor Nathans Hause, wo der Tempelherr

auf- und niedergeht.

Ins Haus nun will ich einmal nicht. – Er wird

Sich endlich doch wohl sehen lassen ! – Man

Bemerkte mich ja sonst so bald, so gern! –

Will's noch erleben, daß er sich's verbittet –

Vor seinem Hause mich so fleißig finden

Zu lassen. – Hm! – ich bin doch aber auch

Sehr ärgerlich. – Was hat mich denn nun so

Erbittert gegen ihn? – Er sagte ja:

Noch schlüg' er mir nichts ab. Und Saladin

Hat's über sich genommen, ihn zu stimmen. –

Wie? sollte wirklich wohl in mir der Christ

Noch tiefer nisten, als in ihm der Jude? –

Wer kennt sich recht? Wie könnt' ich ihm denn sonst

Den kleinen Raub nicht gönnen wollen, den

Er sich's zu solcher Angelegenheit

Gemacht, den Christen abzujagen? – Freilich;

Kein kleiner Raub, ein solch Geschöpf! – Geschöpf?

Und wessen? – Doch des Sklaven nicht, der auf

Des Lebens öden Strand den Block geflößt,

Und sich davongemacht? Des Künstlers doch

Wohl mehr, der in dem hingeworfnen Blocke

Die göttliche Gestalt sich dachte, die

Er dargestellt? – Ach! Rechas wahrer Vater

Bleibt, trotz dem Christen, der sie zeugte, – bleibt

In Ewigkeit der Jude. – Wenn ich mir

Sie lediglich als Christendirne denke,

Sie sonder alles das mir denke, was

Allein ihr so ein Jude geben konnte: –

Sprich, Herz, – was wär' an ihr, das dir gefiel?

Nichts! Wenig! Selbst ihr Lächeln, wär' es nichts

Als sanfte schöne Zuckung ihrer Muskeln;

Wär', was sie lächeln macht, des Reizes unwert,

In den es sich auf ihrem Munde kleidet: –

Nein; selbst ihr Lächeln nicht! Ich hab es ja

Wohl schöner noch an Aberwitz, an Tand,

An Höhnerei, an Schmeichler und an Buhler

Verschwenden sehn! – Hat's da mich auch bezaubert?

Hat's da mir auch den Wunsch entlockt, mein Leben

In seinem Sonnenscheine zu verflattern? –

Ich wüßte nicht. Und bin auf den doch launisch,

Der diesen höhern Wert allein ihr gab?

Wie das? warum? – Wenn ich den Spott verdiente,

Mit dem mich Saladin entließ! Schon schlimm

Genug, daß Saladin es glauben konnte!

Wie klein

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