Ungekürztes Werk "Dr. Katzenbergers Badereise" von Jean Paul (Seite 88)

dem Einschenken? Und wo stehen mir dumme Tränen der Liebe und Trunkenheit im Auge? Im Gegenteil verspür ich eher harten Humor zum Totschlagen, besonders schlüg ich gern einem Manne aus Ihrer Residenzstadt, der mir mit seinen Augen- und Weisheitzähnen ins Bein gefahren, diese auf der Stelle aus. Die Bestie kommt aber erst, wie Sie sagten, künftige Woche.«

»Sie erhitzen sich, Guter«, sagte Strykius. – »Aber für das Recht und für jeden Rechtschaffnen, der es mit mir so redlich meint als du, Stryk! – Herr Brunnenarzt, ich sage Du zu Ihnen, wie der Russe zu seinem Kaiser. Einen Kuß, aber einen Judas den Zweiten! Denn du weißt aus dem Neuen Testament, wo der Brief des zweiten Judas steht. Der erste Judas war nie mein Mann.« –

Strykius gab Katzenbergern einen Bühnen-Kuß. »Trinke zu, heize ein, zünd an, mein Zünd-Stryk! Ohne Wein war dem Urdeutschen kein Vertrag hei­lig. – O, wenn ich daran denke! Ein Freund ists Höchste. Ich sage dir, Stryk, einst hatt ich einen und wir herzten einander und er mich – alles tat ich für ihn und machte meinen Schnitt für ihn – ich hätt in seinem Namen gestohlen. Halt, dacht ich, hältst du auch Stich? Ich wollte ja in der Eile etwas Ihnen darstellen; sage mirs Bruder?« – »Das Bewähren Ihres mir unbekannten Freundes«, versetzte der Brunnendoktor. – »Und dies willst du besser wissen als ich? Stich, sagt ich ja vorhin, hält er, wenn er sich bewährt und seinem Freunde zu verzeihen weiß. Der nur ist mein Freund. Deshalb macht ich mir eine leichte Streitsache mit ihm zunutz und schleuderte diesem Freund, um recht zu wissen, woran ich mit ihm wäre, eigentlich um seine Liebe gegen mich zu erproben, einen vollen Bumper oder Willkommen mit allen Kräften an der Kopf; darauf beobachtete ich scharf und kalt, wie er bei dieser ersten Freundschaft-Anker-Probe standhalte und sich betrage. – Aber wir prügelten sogleich uns mit vier Händen durch, und der Treulose haßte mich hinterher wie einen Hund. Dies hatt ich von meiner ersten leichten Liebe-Probe; – was hätt ich mir vollends von einem so wankelmütigen Freunde zu versprechen gehabt, hätt ich ihn noch ganz anders und schärfer auf die Kapelle gebracht, z.B. um Haus und Hof oder gar ums Leben? Anders sollen, hoff ich, unsere Freundschaft-Proben ablaufen. Mich meinerseits erschlagen Sie, wenn Sie wollen; ich umhalse Sie stets sogleich in der frohen Ewigkeit und sage: willkommen, mein Stryk, mein heraufführender Franziskaner-Strick und Galgen – und Treppen-Strick! – Doch dies sind Wortspiele und elend genug.«

Der Brunnenarzt hatte bisher, zumal vor mehren Maus-Ohren an der Tafel, den bedächtigen Mann gespielt und sich wenig anders gegen den Trunk-Sprecher ausgelassen als mit leichtem Nein, Ja und Wink. Nur Neugier nach dem Ausgange, Scheu vor dem wild-begeisterten Doktor, mehr Hoffnung, ihn vor der Welt zu letzt beschämend zu verwickeln, und sogar einiger angetrunkener Mut pichten ihn auf dem Folterstuhle fest. Nüchtern erhielt er sich übrigens durch Meid-Künste – ja mehr als der Doktor selber, der sich zuletzt doch durch Reden betrank.

Erst bei der vierten Flasche überzeugte jener

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