Ungekürztes Werk "Dr. Katzenbergers Badereise" von Jean Paul (Seite 90)

bei Verstand bin wie einer und nach niemand frage. – Was verschlagen alle Flaschen im Magen gegen das wenige, was aus ihm davon in den Kopf steigt? Aber, wie gesagt, das ist mein Satz, oder ich weiß nicht, was wir sagen. Und doch, ein Spitzbube bist du selber, so groß wie Semmelmann, weil du ihm ähnelst und beistehst. Denn du bist, nimm mirs nicht übel, lieber Stryk – von Hause aus – ein milder Mann mit einem weichen Herzen im Brustkästchen, und es ist dir nachzusehen, wenn du aus verdammter, verhaßter Liebe Schubiacke und Stricke (ich rede gesetzt) verfichtst; denn dein Angesicht ist ein sanfter Ölgarten, wo man Blut schwitzt, und du bist am ganzen Leibe mit Selber-Dämpfern, wie mit Blutigeln besetzt. Du weißt nur zu gut, wer mich rezensiert hat, aber siehst ihn nur nicht gern erschlagen. Ein Knicker ist Semmelmann auch, und nichts haß ich mehr als so einen geizigen Hund, der mir nichts herschenkt, der selber seinem Hund nichts zu fressen gibt als Gras, das dem Tier nur schmeckt, wenn sich das Wetter ändert. – Hat er nicht bloß aus Geizhalsigkeit meine Praxis beneidet, obwohl außer Lands, und meinen Ehrensold und die wenigen Ehrenpforten und Ehrenlegionen, die ich mir etwa erschrieben? Ist der Leibmedikus nicht der größte Schmeichler des Hofs und denkt bei dem Fürsten, weil ich bei Gelegenheit der Hämatosen und Mißgeburten nichts von den mineralischen Bestandteilen des Landes-Bades angebracht, Ehre einzulegen, wenn er mir eine größere nimmt, als er hat? Die Sache ist, seine Zunge gleicht der Bienenzunge, welche einem Fuchsschwanz ähnlich ist, und die für sich Honig saugt und für andere Gift. Wie gesagt, Bruder!! – Ich erhebe dich vielleicht zum Leibmedikus, wenn ich den alten erschlage, mags hören, wer will.«

»Guter Amtbruder«, sagte Strykius, »jetzt in der Nachtkälte tritt die vorher abgeschlossene Bedingung ein, nolens volens.« – »Dummes Wort, ich will entweder nolens oder volens.« – »Fein bemerkt! Wir gehen dann miteinander zu mir auf einen warmen Tee«, sagte Stryk und nahm ihn mit.

Vierundvierzigste Summula

Die Stuben-Treffen / der gebotene Finger zum Frieden

Unterwegs stammelte er nach Vermögen, und was er sagte, sollte nicht sowohl Sinn haben als wenigen: »Ich brauche keinen guten Rat«, sagt' er, »so wenig als ein Hund Zahnpulver und -stocher – ich werde meine Sache schon so machen, daß man vielleicht dies oder jenes davon sagt – Mancher ist ein geiziger Hund, und ziehe mir einmal einen Hundschwanz gerade, ich bitte sehr – Gut, der Mann soll abstehen, wie Fische vom Donnerwetter, auch ungetroffen, oder wie ein Wagen voll Krebse, wenn unten ein Schwein durchkriecht.« –

Sie fanden den Wagen vor Strykius' Türe, der sich wieder laut gegen das Nachtfahren erklärte und den Doktor die Treppe hinaufzog, um droben leiser sich über den Leibmedikus auszuschütten. Er schickte sogar den Bedienten, sobald er den Ofen für den Tee geheizt, mit Aufträgen in ferne, schon zugesperrte Häuser davon, um unbehorcht zu bleiben.

Der Wein – die Nacht – die Einsamkeit – der Schlag auf die Hand – dieses Ineinandergreifen so vieler Zufalls-Räder brachte den

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