Ungekürztes Werk "Dr. Katzenbergers Badereise" von Jean Paul (Seite 89)

sich, daß im Weine oder im Doktor wirklich Wahrheit sei; mehre versprochene Rausch-Nachwehen und Feuermäler waren schon da, nur das geweissagte Verschenken wollte sich nicht einstellen. Der Doktor warf allerlei seltsame Winke hin, daß er sehr gern wolle, der Fürst wäre nicht da, aber wohl dafür ein anderer Mann für einen dritten, der prügelt: »Kennst du seinen Leibmedikus Semmelmann recht?« sagt' er. – »Längst als den gelehrtesten Arzt und feinsten Mann und meinen Freund«, versetzt' er etwas laut, um von fürstlichen Spionen, die den Geblendeten der Tafellichter ringsumher im Blätter-Dunkel ungesehen belauschen konnten, besser vernommen zu werden. – »Nun, so sag ich dir, ich bin noch schwankend, ob ich gegen Taganbruch diesen deinen Freund ganz totschlage oder nur halb. Weißt du«, fing er leise an und fuhr sogleich laut fort, »wer dieser Semmelmann im Innersten ist, Stryk? Der Fallstrick, der Galgenstrick, der Ehrenkronenräuber, kurz, der Rezensent meiner Werke.« – »Wie? – Herr Kollege!« sagte Strykius. – »Kein Wort weiter, er wird totgemacht! – Flex, heda! mein Kerl fährt augenblicklich vor bei Herrn Brunnenarzt Strykius, meine Tochter wird nicht geweckt – sie soll nichts wissen, bis ich wiederkomme, und das ohne alle Umstände.«

Wenn wirklich, wie schon Swift, nach Rochefoucauld, sagt, wir in jedes Freundes Unglück etwas weniges finden, was uns heimlich erlabt: so mußte allerdings der Brunnenarzt in der Aussicht auf die Ausprügelung seines Freundes Semmelmann etwas Behagliches finden, da er so lange diese sich selber zugedacht geglaubt; auch wurde diese Behaglichkeit durch die Betrachtung eher vermehrt als vermindert, daß der Leibmedikus, sein Nebenbuhler, der, als Weg-Aufseher der ersten und zweiten Wege des Fürsten, mehre Wege Rechtens und Himmelfahrten und bedeckte Wege und enge Pässe des Landes besetzte, vom berühmten Katzenberger vielleicht durch Prügel könnte um einigen Kredit, wenn nicht um Glieder und mehr gebracht werden. Dies hielt ihn aber nicht ab, vielmehr spornte es ihn an, sich nur unter vier Ohren, sondern vielleicht vor mehr als zehn Hörmaschinen des Hofs im Finstern entschieden des Leibmedikus oder der Semmelmannschen Unschuld anzunehmen, und zwar mit so größerer Wärme der Überzeugung, je gewisser er wußte, daß er selber die Rezension gemacht.

»Mein bester Kollege«, begann er, »möge mich nur hören! Wie stark der Argwohn gegen den Herrn Leibmedikus gegründet, entscheid ich am wenigsten, da ich Journale, worin etwas stehen soll, als z.B. die ›Gothaischen Anzeigen‹, die ›Oberdeutsche Literaturzeitung‹, die ›Neue Allgemeine Deutsche Bibliothek‹ und dergleichen Unrat mehr mithalte als mitlese. Aber trefflicher, kühner Amt- und Waffenbruder! Lassen Sie mich doch auch reden! Kennen Sie die Mißlichkeit solcher Namen-Ablauschungen wie die Ihres Herrn Richters? Ich halte Semmelmann, soweit ich ihn kenne, durchaus für unschuldig; doch gesetzt, aber nicht zugegeben, Sie hätten recht: aber Freund, wie kann ein Gelehrter mit einem andern Gelehrten (zur Abwägung zwei solcher hab ich keine Gewichte) den geistigen Zwist mit Waffen ausfechten wollen, die nichts treffen als Leiber? – Bei Gott, ich bin hier nicht bestochen, und die fremde Sache nehm ich kühn für eigne.«

»Ich habe dich Spitzbuben wirklich ruhig ausgehört, bloß nur um dir vorläufig dazutun, daß ich, bei Gott!

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