Ungekürztes Werk "Die Räuber" von Friedrich Schiller (Seite 63)
Mitte.
Die Räuberbande gelagert auf der Erde.
Die Räuber (singen).
Stehlen, morden, huren, balgen
Heißt bei uns nur die Zeit zerstreun.
Morgen hangen wir am Galgen,
Drum laßt uns heute lustig sein.
Ein freies Leben führen wir,
Ein Leben voller Wonne.
Der Wald ist unser Nachtquartier,
Bei Sturm und Wind hantieren wir,
Der Mond ist unsre Sonne,
Merkurius ist unser Mann,
Der’s Praktizieren trefflich kann.
Heut laden wir bei Pfaffen uns ein,
Bei masten Pächtern morgen;
Was drüber ist, da lassen wir fein
Den lieben Herrgott sorgen.
Und haben wir im Traubensaft
Die Gurgel ausgebadet,
So machen wir uns Mut und Kraft
Und mit dem Schwarzen Brüderschaft,
Der in der Hölle bratet.
Das Wehgeheul geschlagner Väter,
Der bangen Mütter Klaggezeter,
Das Winzeln der verlaßnen Braut
Ist Schmaus für unsre Trommelhaut!
Ha! wenn Sie euch unter dem Beile so zucken,
Ausbrüllen wie Kälber, umfallen wie Mucken,
Das kitzelt unsern Augenstern,
Das schmeichelt unsern Ohren gern.
Und wenn mein Stündlein kommen nun,
Der Henker soll es holen!
So haben wir halt unsern Lohn
Und schmieren unsre Sohlen.
Ein Schlückchen auf den Weg vom heißen Traubensohn;
Und hurra rax dax! geht’s, als flögen wir davon.
SCHWEIZER. Es wird Nacht, und der Hauptmann noch nicht da!
RAZMANN. Und versprach doch, Schlag acht Uhr wieder bei uns einzutreffen.
SCHWEIZER. Wenn ihm Leides geschehen wäre – Kameraden! wir zünden an und morden den Säugling.
SPIEGELBERG (nimmt Razmann beiseite). Auf ein Wort, Razmann.
SCHWARZ (zu Grimm). Wollen wir nicht Spionen ausstellen?
GRIMM. Laß du ihn! Er wird einen Fang tun, daß wir uns schämen müssen.
SCHWEIZER. Da brennst du dich, beim Henker! Er ging nicht von uns wie einer, der einen Schelmenstreich im Schild führt. Hast du vergessen, was er gesagt hat, als er uns über die Heide führte? – »Wer nur eine Rübe vom Acker stiehlt, daß ich’s erfahre, läßt seinen Kopf hier, so wahr ich Moor heiße«. – Wir dürfen nicht rauben.
RAZMANN (leise zu Spiegelberg). Wo will das hinaus? – Rede deutscher!
SPIEGELBERG. Pst! Pst! – Ich weiß nicht, was du oder ich für Begriffe von Freiheit haben, daß wir an einem Karrn ziehen wie Stiere und dabei wunderviel von Independenz deklamieren. – Es gefällt mir nicht.
SCHWEIZER (zu Grimm). Was wohl dieser Windkopf hier an der Kunkel hat?
RAZMANN (leise zu Spiegelberg). Du sprichst vom Hauptmann? –
SPIEGELBERG. Pst doch! Pst! – Er hat so seine Ohren unter uns herumlaufen – Hauptmann, sagst du? Wer hat ihn zum Hauptmann über uns gesetzt? oder hat er nicht diesen Titel usurpiert, der von Rechts wegen mein ist? – Wie? legen wir darum unser Leben auf Würfel – baden darum alle Milzsuchten des Schicksals aus, daß wir am End noch von Glück sagen, die Leibeigenen eines Sklaven zu sein? – Leibeigenen, da wir Fürsten sein könnten? – Bei Gott! Razmann – das hat mir niemals gefallen.
SCHWEIZER (zu den anderen). Ja – du bist mir der rechte Held, Frösche mit Steinen breit zu schmeißen. – Schon der Klang seiner Nase, wenn er sich schneuzte, könnte dich durch ein Nadelöhr jagen –
SPIEGELBERG (zu Razmann). Ja