Ungekürztes Werk "Die Räuber" von Friedrich Schiller (Seite 64)

– und Jahre schon dicht ich darauf: Es soll anders werden. Razmann – wenn du bist, wofür ich dich immer hielt – Razmann! – Man vermißt ihn – gibt ihn halb verloren – Razmann, mich deucht, seine schwarze Stunde schlägt. – Wie? Nicht einmal röter wirst du, da dir die Glocke zur Freiheit läutet? Hast nicht einmal so viel Mut, einen kühnen Wink zu verstehen?

RAZMANN. Ha, Satan! worin verstrickst du meine Seele?

SPIEGELBERG. Hat’s gefangen? – Gut! so folge! Ich hab mir’s gemerkt, wo er hinschlich. – Komm! Zwei Pistolen fehlen selten, und dann – so sind wir die erste, die den Säugling erdrosseln. (Er will ihn fortreißen.)

SCHWEIZER (zieht wütend sein Messer). Ha, Bestie! Eben recht erinnerst du mich an die böhmischen Wälder! – Warst du nicht die Memme, die anhub zu schnadern, als sie riefen: Der Feind kommt! Ich hab damals bei meiner Seele geflucht – Fahr hin, Meuchelmörder! (Er sticht ihn tot.)

RÄUBER (in Bewegung). Mordjo! Mordjo! – – Schweizer – Spiegelberg – Reißt sie auseinander! –

SCHWEIZER (wirft das Messer über ihn). Da! – Und so krepier du – Ruhig, Kameraden – Laßt euch den Bettel nicht unterbrechen. – Die Bestie ist dem Hauptmann immer giftig gewesen und hat keine Narbe auf ihrer ganzen Haut. – Noch einmal, gebt euch zufrieden – Ha, über den Racker! – Von hinten her will er Männer zu Schanden schmeißen? Männer von hinten her! – Ist uns darum der helle Schweiß über die Backen gelaufen, daß wir aus der Welt schleichen wie Hundsfötter? Bestie du! – Haben wir uns darum unter Feuer und Rauch gebettet, daß wir zuletzt wie Ratten verrecken?

GRIMM. Aber zum Teufel – Kamerad – was hattet ihr miteinander? – Der Hauptmann wird rasend werden.

SCHWEIZER. Dafür laß mich sorgen. – Und du, Heilloser, (zu Razmann) du warst sein Helfershelfer, du! – Pack dich aus meinen Augen – Der Schufterle hat’s auch so gemacht; aber dafür hängt er itzt auch in der Schweiz, wie’s ihm mein Hauptmann prophezeit hat – (Man schießt.)

SCHWARZ (aufspringend). Horch! ein Pistolschuß! (Man schießt wieder.) Noch einer! Holla! Der Hauptmann!

GRIMM. Nur Geduld! Er muß zum drittenmal schießen. (Man hört noch einen Schuß.)

SCHWARZ. Er ist’s! – Ist’s – Salvier dich, Schweizer – laßt uns ihm antworten! (Sie schießen.)

Moor, Kosinsky treten auf.

SCHWEIZER (ihnen entgegen). Sei willkommen, mein Hauptmann! – Ich bin ein bißchen vorlaut gewesen, seit du weg bist. (Er führt ihn an die Leiche.) Sei du Richter zwischen mir und diesem – von hinten hat er dich ermorden wollen.

RÄUBER (mit Bestürzung). Was? Den Hauptmann?

MOOR (in den Anblick versunken, bricht heftig aus). O unbegreiflicher Finger der rachekundigen Nemesis! – War’s nicht dieser, der mir das Sirenenlied trillerte? – Weihe dies Messer der dunklen Vergelterin! – Das hast du nicht getan, Schweizer.

SCHWEIZER. Bei Gott! Ich hab’s wahrlich getan, und es ist beim Teufel nicht das schlechteste, was ich in meinem Leben getan habe. (Geht unwillig ab.)

MOOR (nachdenkend). Ich verstehe – Lenker im Himmel – ich verstehe – die Blätter fallen von den Bäumen – und mein Herbst ist kommen – Schafft

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