Ungekürztes Werk "Die Räuber" von Friedrich Schiller (Seite 77)

Da habt Ihr’s nun! seht Ihr’s?

FRANZ (umarmt ihn ungestüm). Verzeih, lieber, goldner Perlendaniel, verzeih – ich will dich kleiden von Fuß auf – so bet doch – ich will dich zum Hochzeiter machen . ich will – so bet doch, ich beschwöre dich – auf den Knien beschwör ich dich – Ins T–Is Namen! So bet doch! (Tumult auf den Straßen, Geschrei, Gepolter.)

SCHWEIZER (auf der Gasse). Stürmt! Schlagt tot! Brecht ein! Ich sehe Licht! Dort muß er sein.

FRANZ (auf den Knien). Höre mich beten, Gott im Himmel! – Es ist das erstemal – soll auch gewiß nimmer geschehen – erhöre mich, Gott im Himmel!

DANIEL. Mein doch! Was treibt Ihr? Das ist ja gottlos gebetet.

Volksauflauf.

VOLK. Diebe! Mörder! Wer lärmt so gräßlich in dieser Mitternachtsstunde!

SCHWEIZER (immer auf der Gasse). Schlag sie zurück, Kamerad! – der Teufel ist’s und will euren Herrn holen – Wo ist der Schwarz mit seinen Haufen? – Postier dich ums Schloß, Grimm! – Lauf Sturm wider die Ringmauer!

GRIMM. Holt ihr Feuerbrände – wir hinauf oder er herunter! – Ich will Feuer in seine Säle schmeißen.

FRANZ (betet). Ich bin kein gemeiner Mörder gewesen, mein Herrgott – hab mich nie mit Kleinigkeiten abgegeben, mein Herrgott –

DANIEL. Gott sei uns gnädig! Auch seine Gebete werden zu Sünden. (Es fliegen Steine und Feuerbrände. Die Scheiben fallen. Das Schloß brennt.)

FRANZ. Ich kann nicht beten – hier, hier! (Auf Brust und Stirn schlagend.) Alles so öd – so verdorret. (Steht auf.) Nein, ich will auch nicht beten – diesen Sieg soll der Himmel nicht haben, diesen Spott mir nicht antun die Hölle –

DANIEL. Jesus Maria! Helft – rettet – das ganze Schloß steht in Flammen!

FRANZ. Hier, nimm diesen Degen! Hurtig! Jag mir ihn hinterrücks in den Bauch, daß nicht diese Buben kommen und treiben ihren Spott aus mir. (Das Feuer nimmt überhand.)

DANIEL. Bewahre! Bewahre! Ich mag niemand zu früh in den Himmel fördern, viel weniger zu früh – (Er entrinnt.)

FRANZ (ihm groß nachstierend, nach einer Pause). In die Hölle, wolltest du sagen. – Wirklich! ich wittere so etwas – (Wahnsinnig.) Sind das ihre hellen Triller? Hör ich euch zischen, ihr Nattern des Abgrunds? – Sie dringen herauf – belagern die Türe – Warum zag ich so vor dieser bohrenden Spitze? – Die Türe kracht – stürzt – unentrinnbar! – Ha! so erbarm du dich meiner! (Er reißt seine goldene Hutschnur ab und erdrosselt sich.)

Schweizer mit seinen Leuten.

SCHWEIZER. Mordkanaille, wo bist du? – Saht ihr, wie sie flohen? – Hat er so wenig Freunde? – Wohin hat sich die Bestie verkrochen?

GRIMM (stößt an die Leiche). Halt! was liegt hier im Weg? Zündet hieher –

SCHWARZ. Er hat das Prävenire gespielt. Steckt eure Schwerter ein! Hier liegt er wie eine Katze verreckt.

SCHWEIZER. Tot? was? tot? ohne mich tot? – Erlogen, sag ich. – Gebt acht, wie hurtig er auf die Beine springt! – (Rüttelt ihn.) He du! Es gibt einen Vater zu ermorden!

GRIMM. Gib dir keine Müh! Er ist maustot.

SCHWEIZER (tritt von ihm weg). Ja! Er freut sich nicht – Er ist maustot. – Gehet

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