Ungekürztes Werk "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller (Seite 17)

von Winkelried.

STAUFFACHER:

Ihr nennt mir keinen unbekannten Namen.

Ein Winkelried war's, der den Drachen schlug

Im Sumpf bei Weiler und sein Leben ließ

In diesem Strauß.

WINKELRIED: Das war mein Ahn, Herr Werner.

MELCHTAL zeigt auf zwei Landleute:

Die wohnen hinterm Wald, sind Klosterleute

Vom Engelberg – Ihr werdet sie drum nicht

Verachten, weil sie eigne Leute sind,

Und nicht wie wir frei sitzen auf dem Erbe –

Sie lieben's Land, sind sonst auch wohl berufen.

STAUFFACHER zu den beiden:

Gebt mir die Hand. Es preise sich, wer keinem

Mit seinem Leibe pflichtig ist auf Erden,

Doch Redlichkeit gedeiht in jedem Stande.

KONRAD HUNN:

Das ist Herr Reding, unser Altlandammann.

MEIER: Ich kenn ihn wohl. Er ist mein Widerpart,

Der um ein altes Erbstück mit mir rechtet.

– Herr Reding, wir sind Feinde vor Gericht,

Hier sind wir einig.

Schüttelt ihm die Hand.

STAUFFACHER:Das ist brav gesprochen.

WINKELRIED:

Hört ihr? Sie kommen. Hört das Horn von Uri!

Rechts und links sieht man bewaffnete Männer mit Windlichtern

die Felsen herabsteigen.

AUF DER MAUER:

Seht! Steigt nicht selbst der fromme Diener Gottes,

Der würd'ge Pfarrer mit herab? Nicht scheut er

Des Weges Mühen und das Graun der Nacht,

Ein treuer Hirte für das Volk zu sorgen.

BAUMGARTEN:

Der Sigrist folgt ihm und Herr Walther Fürst,

Doch nicht den Tell erblick ich in der Menge.

Walther Fürst, Rösselmann der Pfarrer, Petermann der Sigrist,

Kuoni der Hirt, Werni der Jäger, Ruodi der Fischer und

noch fünf andere Landleute, alle zusammen, dreiunddreißig an der Zahl,

treten vorwärts und stellen sich um das Feuer.

WALTHER FÜRST:

So müssen wir auf unserm eignen Erb

Und väterlichen Boden uns verstohlen

Zusammenschleichen wie die Mörder tun,

Und bei der Nacht, die ihren schwarzen Mantel

Nur dem Verbrechen und der sonnenscheuen

Verschwörung leihet, unser gutes Recht

Uns holen, das doch lauter ist und klar,

Gleichwie der glanzvoll offne Schoß des Tages.

MELCHTAL:

Laßt's gut sein. Was die dunkle Nacht gesponnen,

Soll frei und fröhlich an das Licht der Sonnen.

RÖSSELMANN:

Hört was mir Gott ins Herz gibt Eidgenossen!

Wir stehen hier statt einer Landsgemeinde,

Und können gelten für ein ganzes Volk,

So laßt uns tagen nach den alten Bräuchen

Des Lands, wie wir's in ruhigen Zeiten pflegen,

Was ungesetzlich ist in der Versammlung,

Entschuldige die Not der Zeit. Doch Gott

Ist überall, wo man das Recht verwaltet,

Und unter seinem Himmel stehen wir.

STAUFFACHER:

Wohl, laßt uns tagen nach der alten Sitte,

Ist es gleich Nacht, so leuchtet unser Recht.

MELCHTAL:

Ist gleich die Zahl nicht voll, das Herz ist hier

Des ganzen Volks, die Besten sind zugegen.

KONRAD HUNN:

Sind auch die alten Bücher nicht zur Hand,

Sie sind in unsre Herzen eingeschrieben.

RÖSSELMANN:

Wohlan, so sei der Ring sogleich gebildet,

Man pflanze auf die Schwerter der Gewalt.

AUF DER MAUER:

Der Landesammann nehme seinen Platz,

Und seine Weibel stehen ihm zur Seite!

SIGRIST: Es sind der Völker dreie. Welchem nun

Gebührt's, das Haupt zu geben der Gemeinde?

MEIER: Um diese Ehr mag Schwyz mit Uri streiten,

Wir Unterwaldner stehen frei zurück.

MELCHTAL: Wir stehn zurück, wir sind die Flehenden,

Die Hülfe heischen von den mächt'gen Freunden.

STAUFFACHER:

So nehme Uri denn das Schwert, sein Banner

Zieht bei den Römerzügen uns voran.

WALTHER FÜRST:

Des Schwertes Ehre werde Schwyz zuteil,

Denn seines Stammes rühmen wir uns alle.

RÖSSELMANN: Den edeln Wettstreit laßt mich freundlich schlichten,

Schwyz soll im Rat, Uri im Felde führen.

WALTHER FÜRST reicht dem Stauffacher die Schwerter:

So nehmt!

STAUFFACHER: Nicht mir, dem Alter sei die Ehre.

IM HOFE: Die

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