Ungekürztes Werk "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller (Seite 20)

ein Wort und die Tyrannen,

Die euch jetzt schwer bedrängen, schmeicheln euch.

– Ergreift, was man euch oft geboten hat,

Trennt euch vom Reich, erkennet Östreichs Hoheit –

AUF DER MAUER:

Was sagt der Pfarrer? Wir zu Östreich schwören!

AM BÜHEL: Hört ihn nicht an!

WINKELRIED: Das rät uns ein Verräter,

Ein Feind des Landes!

REDING: Ruhig Eidgenossen!

SEWA: Wir Östreich huldigen, nach solcher Schmach!

VON DER FLÜE:

Wir uns abtrotzen lassen durch Gewalt,

Was wir der Güte weigerten!

MEIER:Dann wären

Wir Sklaven und verdienten es zu sein!

AUF DER MAUER:

Der sei gestoßen aus dem Recht der Schweizer,

Wer von Ergebung spricht an Österreich!

– Landammann, ich bestehe drauf, dies sei

Das erste Landsgesetz, das wir hier geben.

MELCHTAL:

So sei's. Wer von Ergebung spricht an Östreich,

Soll rechtlos sein und aller Ehren bar,

Kein Landmann nehm ihn auf an seinem Feuer.

ALLE heben die rechte Hand auf:

Wir wollen es, das sei Gesetz!

REDING nach einer Pause:    Es ist's.

RÖSSELMANN:

Jetzt seid ihr frei, ihr seid's durch dies Gesetz,

Nicht durch Gewalt soll Österreich ertrotzen

Was es durch freundlich Werben nicht erhielt –

JOST VON WEILER: Zur Tagesordnung, weiter.

REDING:  Eidgenossen!

Sind alle sanften Mittel auch versucht?

Vielleicht weiß es der König nicht, es ist

Wohl gar sein Wille nicht, was wir erdulden.

Auch dieses Letzte sollten wir versuchen,

Erst unsre Klage bringen vor sein Ohr,

Eh wir zum Schwerte greifen. Schrecklich immer

Auch in gerechter Sache ist Gewalt,

Gott hilft nur dann, wenn Menschen nicht mehr helfen.

STAUFFACHER zu Konrad Hunn:

Nun ist's an Euch, Bericht zu geben. Redet.

KONRAD HUNN:

Ich war zu Rheinfeld an des Kaisers Pfalz,

Wider der Vögte harten Druck zu klagen,

Den Brief zu holen unsrer alten Freiheit,

Den jeder neue König sonst bestätigt.

Die Boten vieler Städte fand ich dort,

Vom schwäb'schen Lande und vom Lauf des Rheins,

Die all erhielten ihre Pergamente,

Und kehrten freudig wieder in ihr Land.

Mich, euren Boten, wies man an die Räte,

Und die entließen mich mit leerem Trost:

»Der Kaiser habe diesmal keine Zeit,

Er würde sonst einmal wohl an uns denken.«

– Und als ich traurig durch die Säle ging

Der Königsburg, da sah ich Herzog Hansen

In einem Erker weinend stehn, um ihn

Die edeln Herrn von Wart und Tägerfeld.

Die riefen mir und sagten: »Helft euch selbst,

Gerechtigkeit erwartet nicht vom König.

Beraubt er nicht des eignen Bruders Kind,

Und hinterhält ihm sein gerechtes Erbe?

Der Herzog fleht' ihn um sein Mütterliches,

Er habe seine Jahre voll, es wäre

Nun Zeit, auch Land und Leute zu regieren.

Was ward ihm zum Bescheid? Ein Kränzlein setzt' ihm

Der Kaiser auf: das sei die Zier der Jugend.«

AUF DER MAUER:

Ihr habt's gehört. Recht und Gerechtigkeit

Erwartet nicht vom Kaiser! Helft euch selbst!

REDING: Nichts andres bleibt uns übrig. Nun gebt Rat,

Wie wir es klug zum frohen Ende leiten.

WALTHER FÜRST tritt in den Ring:

Abtreiben wollen wir verhaßten Zwang,

Die alten Rechte, wie wir sie ererbt

Von unsern Vätern, wollen wir bewahren,

Nicht ungezügelt nach dem Neuen greifen.

Dem Kaiser bleibe, was des Kaisers ist,

Wer einen Herrn hat, dien ihm pflichtgemäß.

MEIER: Ich trage Gut von Österreich zu Lehen.

WALTHER FÜRST:

Ihr fahret fort, Östreich die Pflicht zu leisten.

JOST VON WEILER:

Ich steure an die Herrn von Rappersweil.

WALTHER FÜRST:

Ihr fahret fort, zu zinsen und zu steuern.

RÖSSELMANN:

Der großen Frau zu Zürch bin ich vereidet.

WALTHER FÜRST:

Ihr gebt dem Kloster was des Klosters ist.

STAUFFACHER: Ich trage keine Lehen als des Reichs.

WALTHER FÜRST:

Was sein muß, das geschehe, doch nicht drüber.

Die

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